Morbus Bechterew
Die Ursachen für Rückenleiden sind vielfältiger Natur. Neben Abnützungen, Muskelverspannungen und Bandscheibenvorfällen sind häufig auch entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule und der Kreuz-Darmbein-Gelenke anzutreffen. Der Morbus Bechterew ist der Prototyp einer solchen Entzündung. Rheuma an der Wirbelsäule Der Morbus Bechterew ist eine chronische, entzündlich-rheumatische Erkrankung, die hauptsächlich die Wirbelsäule betrifft. Sie beginnt meist im jungen Erwachsenenalter und trifft bei Männern häufiger auf. Ärzte nennen die Erkrankung "ankylosierende Spondylitis". Der Morbus Bechterew ist in Mitteleuropa bei 0,2-0,3% der Bevölkerung, also relativ häufig, anzutreffen. Meist beginnt die Erkrankung zwischen dem fünfzehnten und fünfunddreißigsten Lebensjahr. Nahm man früher an, daß Männer wesentlich häufiger betroffen sind, weiß man heute, daß das Verhältnis Männer zu Frauen bei zwei zu eins liegt. Die Krankheitsverläufe bei Frauen sind allerdings wesentlich milder und wurden in der Vergangenheit daher sehr oft verkannt. Der Kreuzschmerz als Leitsymptom Im Anfangsstadium sind meist die Beschwerden unspezifisch und werden daher oft fehlgedeutet. Dank charakteristischer Merkmale gelingt es dem erfahrenen Rheumatologen immer häufiger die Diagnose frühzeitig zu stellen und damit rechtzeitig eine Therapie einzuleiten. So sind schwere Verläufe dieser Erkrankung mit völliger Versteifung der Wirbelsäule und damit Unbeweglichkeit zum Glück eine Seltenheit geworden. Folgende Symptome sind für den Beginn eines Morbus Bechterew typisch:
Störung des Immunsystems Beim Morbus Bechterew führt ein verstärktes Wechselspiel zwischen genetischen Anlagen und Umwelteinflüssen zu einer krankhaften Immunreaktion des Organismus mit der Folge einer chronischen Entzündung der Wirbelsäule. Durch die Fehlsteuerung des Immunsystems richtet sich dieses nicht nur gegen eindringende Krankheitserreger wie Viren und Bakterien, was es ja soll, sondern auch gegen unsere eigenen Körperzellen. Durchfallerkrankungen und Entzündungen der Harnwege werden häufig als Auslöser angenommen. Mit Hilfe neuartiger Blut- und Harntests können diese Veränderungen frühzeitig erkannt werden. Speziell bei milden Verlaufsformen müssen Entzündungsmarker wie die Blutsenkung nur gering oder auch gar nicht erhöht sein.
In der Vergangenheit war der Bechterew eine schwer behandelbare Erkrankung. Neben einer konsequenten Bewegungstherapie und der regelmäßigen Einnahme von Schmerzmitteln standen entzündungshemmende Basismittel wie Sulfasalazin oder Methotrexat zur Verfügung, die jedoch nur bei einem sehr geringen Prozentsatz der Betroffenen eine Besserung erzielten. Das bessere Verstehen unseres Immunsystems hat dagegen in den letzten Jahren einen entscheidenden Durchbruch bei der Behandlung rheumatischer Entzündungen gebracht. Durch die Anwendung der neuen Basismittel, den sogenannten Biologika, gelingt es uns, das überaktive Immunsystem auf ein normales Niveau herunterzufahren. Dadurch kommt es zu einem Stillstand der Entzündung in der Wirbelsäule und in den Gelenken. Entzündlich bedingte Schmerzen und die Bewegungseinschränkung lassen oft schlagartig nach. Speziell die Entwicklung von neuen Substanzen, die die entzündlichen Botenstoffe unseres Immunsystems blockieren, wie die TNF-Alpha-Blocker, haben zu einer Revolutionierung der Bechterew - Therapie geführt. Diese Medikamente werden entweder vom Patienten selbst subcutan, also unter die Haut, gespritzt oder als Infusion verabreicht. Folgende Wirkstoffe werden derzeit eingesetzt:
Für die konventionelle Schmerztherapie bewähren sich nach wie vor Antirheumatika, Schmerz- und Muskelentspannungsmittel. Bei längerer Einnahme muß man auf die Nebenwirkungen vor allem am Magen-Darmtrakt achten. Weiters sollte man bei Bechterew-Patienten ein vermehrtes Augenmerk auf die Osteoporose richten. Denn durch die Entzündung und die verminderte körperliche Bewegung treten kleine Risse in Wirbelkörpern auf. Daher wird grundsätzlich eine ausreichende Versorgung mit Kalzium und Vitamin D empfohlen, um die Knochendichte intakt zu halten. Bei schon bestehender Osteoporose sind entsprechende therapeutische Maßnahmen angezeigt.
Genauso wichtig wie Medikamente ist eine regelmäßige Krankengymnastik zur Schmerzbekämpfung und Erhaltung der Beweglichkeit der Wirbelsäule. Jeder Bechterewpatient sollte täglich Übungen durchführen, optimalerweise in der Früh, damit sie gleichzeitig gegen die Morgensteifigkeit helfen. Auch Wärmetherapien mildern die Schmerzen und Steifheit. So wird von vielen Betroffenen eine warme Dusche am Morgen, ein warmes Bad vor dem Schlafengehen, ein Thermophor oder eine Heizdecke als sehr angenehm empfunden. Die meisten Patienten werden jedoch ohne den zeitweiligen Einsatz der Schmerzmittel nicht auskommen, besonders in Phasen hoher Entzündungsaktivität.
Alternativmedizinische Behandlungsmethoden wie Akupunktur, traditionelle chinesische Medizin, Homöopathie, Magnetfeldtherapie und manuelle Medizin haben einen zunehmend hohen Stellenwert bei jeder Bechterewtherapie und lassen sich ideal mit den klassischen Methoden der Schulmedizin kombinieren. In vielen Fällen gelingt neben einer Harmonisierung unseres Immunsystems auch eine deutliche Schmerzreduktion. Eine Ernährung bestehend aus einer leichten Mischkost mit reichlich frischem Obst und Gemüse, pflanzlichen Ölen und Seefisch wirkt sich ebenfalls günstig auf rheumatische Entzündungen aus. Bestimmte Vitamine wie Vitamin A, C und E aber auch Fischöle wirken als Antioxydantien entzündungshemmend und lindern die Beschwerden.
Nach neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft gibt es heutzutage eine breite Palette von therapeutischen Möglichkeiten um rheumatische Entzündungen zum Stillstand zu bringen. Gerade beim Morbus Bechterew darf aber eine konsequente Krankengymnastik nicht vergessen werden, die einen Eckpfeiler jeder Therapie darstellt. Auch das Kurwesen, speziell die Behandlungen mit dem radioaktiven Edelgas Radon, spielen bei Bechterew-Patienten eine große Rolle. Die Möglichkeit der Beeinflussung unseres Immunsystems und die Hemmung von entzündlichen Botenstoffen hat die Behandlung des Morbus Bechterew aber grundlegend revolutioniert.
Was Sie als Patient selbst tun können
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