Diabetes
mellitus
Weltweit
leiden derzeit wahrscheinlich ca. 150 Millionen Menschen an Diabetes,
alleine in Österreich rund eine halbe Million. Die Anzahl der Betroffenen
hat in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen, wobei auch immer mehr
jüngere Menschen betroffen sind.
Die Verbreitung der Zuckerkrankheit hat bereits ein solches Ausmaß
erreicht, daß man von einer globalen Epidemie sprechen kann.
Bestehen erhöhte Blutzuckerwerte über längere Zeit, kommt
es zu schwerwiegenden Veränderungen an unseren Blutgefäßen.
Deshalb sind die Früherkennung und Prävention als auch das rechtzeitige
Einleiten von Therapiemaßnahmen wichtige Schritte zur Erhaltung
unserer Gesundheit.
Was ist Diabetes?
Die
Zuckerkrankheit beim Erwachsenen ist eine chronische Stoffwechselstörung,
die dadurch gekennzeichnet ist, daß der Diabetiker seinen Blutzucker
nicht im normalen Bereich halten kann.
Kohlenhydrate aus der Nahrung, welche reichlich in Getreide und Getreideprodukten,
Teigwaren, Kartoffeln, Reis, Obst und Süßspeisen enthalten
sind, werden im Darm zu Zucker (Traubenzucker = Glucose) abgebaut, dieser
in das Blut aufgenommen und zu den Körperzellen gebracht. Traubenzucker
ist der wesentliche Energieträger für unsere Zellen, wobei Muskel-
und Fettzellen den meisten Zucker aufnehmen.
Die Höhe des Blutzuckerspiegels wird unter anderem durch das Hormon
Insulin reguliert, welches von der Bauchspeicheldrüse gebildet wird.
Die Hauptwirkung von Insulin liegt darin, daß es dem Zucker den
Weg in die Zellen des Körpers eröffnet, ähnlich wie der
Schlüssel das Schloß einer Türe öffnet. Versagt dieser
Mechanismus, kommt es zu hohem Blutzuckerspiegel.
Zwei unterschiedliche Diabetestypen
Typ
- I - Diabetes
Weist von Anfang an einen echten Insulinmangel auf. Diese Form zeigt sich
oft bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen und ist auf eine Entzündung
in der Bauchspeicheldrüse mit Zerstörung der insulinbildenden
Beta-Zellen zurückzuführen. Von dieser Form von Diabetes ist
weltweit aber nur ein geringer Prozentsatz der Zuckerkranken betroffen.
Typ - II - Diabetes
Diese Form ist durch einen relativen Insulinmangel und vor allem durch
eine Beeinträchtigung der Insulinwirkung an den Zellen (Insulinresistenz)
gekennzeichnet. Typ - II - Diabetes zeigt sich meist erst ab dem vierzigsten
Lebensjahr und ist häufig erblich bedingt. Zum Ausbruch der Erkrankung
führt aber die fast immer falsche Ernährung und Übergewicht.
Dadurch wird die Wirkung des Insulins auf Muskelzellen und Fettgewebe
blockiert, der Blutzucker kann von den Zellen nicht mehr aufgenommen werden.
Folglich versucht die Bauchspeicheldrüse die erhöhten Blutzuckerspiegel
mit einer vermehrten Ausschüttung von Insulin zu kompensieren. Dieser
Mechanismus funktioniert eine zeitlang, schlußendlich bricht die
Bauchspeicheldrüse unter der ständigen Mehrbelastung aber zusammen.
Da dieser Schutzmechanismus oft einige Jahre funktioniert, bedeutet dies
gleichzeitig, daß bei Probemessungen normale Blutzuckerwerte aufscheinen,
obwohl in Wirklichkeit bereits eine Stoffwechselstörung vorliegt.
Diese Tatsache erhält umso mehr Brisanz, als zum Zeitpunkt der Diabetesmanifestation
bereits jeder zweite Patient Gefäßschäden durch den Zucker
aufweist. Dies ist nur durch eine frühzeitige Diagnose und das rechtzeitige
Einleiten von therapeutischen Maßnahmen zu verhindern.
Übergewicht
macht krank
Übergewicht ist keinesfalls nur eine Zahl auf der Waage oder ein
kosmetischer Störfaktor. Vielmehr ist ein hohes Körpergewicht
oft der Auslöser für eine Reihe von Folgeerkrankungen wie hoher
Blutdruck, Fettstoffwechselstörungen und speziell Zuckerkrankheit.
Viele Studien haben gezeigt, daß bis zu 80% aller Typ-II Diabetiker
übergewichtig sind. Bewegungsmangel, Überernährung und
das Alter korrelieren direkt mit der Insulinresistenz, die nach Jahren
zur Manifestation von Diabetes mellitus führt. Man weiß aber
gleichzeitig, daß eine Veränderung der Lebensgewohnheiten mit
Gewichtsreduktion und regelmäßiger körperlicher Aktivität
den Ausbruch der Erkrankung oft verhindern kann.
Jeder Mensch hat Zucker im Blut
Entgegen der weitverbreiteten Meinung, daß nur Diabetiker Zucker
im Blut haben, ist festzustellen, daß bei allen Menschen Kohlenhydrate
wie Stärke und Haushaltszucker im Darm zu Traubenzucker abgebaut
und über das Blut zu den Körperzellen weitertransportiert werden.
Beim Gesunden liegt der Blutzucker nüchtern zwischen 60 und 110 mg/dl.
Zwei Stunden nach einer Mahlzeit sollte der Blutzucker 140 mg/dl nicht
übersteigen. Beim Diabetiker liegen diese Werte ohne Behandlung meist
wesentlich höher. Blutzuckerspiegel ab 126 mg/dl gelten als diagnostisch.
Bei Nüchtern-BZ -Werten zwischen 110 und 126 mg/dl sollte ein Zuckerbelastungstest
durchgeführt werden. Dabei erhält der Betroffene eine standardisierte
Menge einer zuckerhaltigen Lösung. Durch wiederholte Messungen nach
dem Trinken dieser Lösung wird festgestellt, ob der Körper den
zugeführten Zucker genügend rasch neutralisieren kann.
Doch viele Österreicher kennen ihre Blutzuckerwerte nicht, da nie
gemessen wurde. Deshalb sollte bei jedem ab dem 35. Lebensjahr einmal
jährlich eine Blutzuckermessung erfolgen, bei familiärer Belastung
schon früher.
Frühe Diagnose entscheidend
Das besonders Tückische an der Zuckerkrankheit liegt daran, daß
man den erhöhten Blutzucker selbst lange Zeit nicht bemerkt. Zum
Zeitpunkt der Diagnosestellung leidet aber bereits jeder zweite Patient
an Folgeschäden an den Blutgefäßen. Deswegen sollte man
bei folgenden Symptomen aufmerksam werden und einen Arzt konsultieren:
- Verstärktes
Durstgefühl
- Vermehrte
Harnausscheidung
- Müdigkeit
und Kraftlosigkeit
- Hautjucken
- Neigung
zu Infektionen
- Schlecht
heilende Wunden
- Zahnfleischentzündungen
- Nächtliche
Krämpfe in den Beinen
Bei
solchen Anzeichen sollten Sie unverzüglich eine BZ-Messung durchführen
lassen. Zur Diagnose kann auch der Harnzucker herangezogen werden, welcher
aber beim Gesunden stets negativ sein muß. Sollte zwei Stunden nach
einer Hauptmahlzeit im Harn Zucker festgestellt werden, muß unverzüglich
weiter abgeklärt werden.
Blut- und Harnzucker sind einfache Messmethoden zur Selbstkontrolle bei
Diabetes. Daneben gibt es einen Wert, der die durchschnittliche Zuckerlage
in den letzten vier Wochen wiederspiegelt, den HbA1c Wert. Dieser Langzeitwert
sollte beim Diabetiker weniger als 7,0%, idealerweise weniger als 6,5%
sein.
Gefährliche Folgeschäden
Erhöhte Blutzuckerwerte beeinträchtigen meist keineswegs unser
Wohlbefinden. Die meisten Betroffenen wähnen sich daher irrtümlicherweise
gesund. Wären da nicht die fatalen Folgeschäden, die erhöhte
Blutzuckerwerte verursachen. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann folgende
Begleiterkrankungen auftreten:
- Diabetische
Retinopathie: Damit ist eine Verschlechterung der Durchblutung
der Netzhaut im Auge gemeint, die zur Sehverschlechterung bis hin zur
Erblindung führen kann.
- Diabetische
Nephropathie: Ein beginnender Nierenschaden ist durch das
Auftreten von Eiweiß im Harn charakterisiert, im Extremfall kommt
es zu einem völligen Versagen der Nierenfunktion.
- Diabetische
Neuropathie: Am häufigsten findet man Gefühlsstörungen
der Füße mit herabgesetztem Temperaturempfinden und strumpfförmig
begrenzten Schmerzen. Ist auch das autonome Nervensystem betroffen,
können Verdauungsstörungen, Impotenz, Blasenentleerungsstörungen,
Herzrhythmusstörungen und Blutdruckschwankungen auftreten.
- Gefäßschäden:
Diabetiker haben ein stark erhöhtes Risiko für das frühzeitige
Auftreten von Arteriosklerose mit Herzinfarkt und Schlaganfall. Daneben
treten schwere Durchblutungsstörungen vor allem in den Beinen auf.
Doch
all dies läßt sich durch eine Früherkennung und rechtzeitige
Therapie erfolgreich verhindern.
Rechtzeitige Therapie
Beim jugendlichen Typ-I Diabetiker besteht von Anfang an ein absoluter
Insulinmangel. Dieser Patient muß mehrmals täglich Insulin
spritzen. Die Zufuhr von Zucker wird in Form von Broteinheiten streng
gerechnet und geregelt.
Beim meist übergewichtigen Typ-II Diabetiker liegt aber anfänglich
meist nur eine Blockierung des noch genügend vorhandenen Insulins
vor. Durch Gewichtsreduktion, zuckerfreie Kost und Bewegung läßt
sich diese Blockierung in vielen Fällen wieder aufheben. Deshalb
nimmt die Änderung der Lebensgewohnheiten einen zentralen Stellenwert
in der Diabetestherapie ein.
Eine kalorienreduzierte Mischkost, reich an komplexen Kohlenhydraten und
Ballaststoffen mit wenig Fett und Zucker ist angesagt. Reichlich Gemüse
und Salate in Verbindung mit Brot und Getreideprodukten, Kartoffeln, Reis
und Teigwaren sowie fettarmen Milchprodukten und magerem Fleisch liefern
ausreichend Nährstoffe und machen auch satt.
Tipp 1: Fett macht fett
Fett hat den höchsten Energiegehalt, aber leider die schwächste
Sättigungswirkung. Fett scheint daher ein wesentlicher Nahrungsfaktor
für Übergewicht zu sein.
Die wichtigsten Fettquellen sind anhand von Studien die versteckten Fette
in Wurst- und Fleischwaren, Fleisch und fetten Milchprodukten. Aber auch
viele Backwaren und Süßigkeiten bieten die beliebte Kombination
"süß und fett" und können einiges an versteckten
Fetten liefern.
- Verwenden
Sie nur mageres Fleisch, Schinken und Geflügel ohne Haut.
- Wurstsorten
wie Salami, Extrawurst oder Pasteten, die über 50 % Fettanteil
haben, sollten möglichst gemieden werden.
- Genießen
Sie fettarme Milchprodukte wie Leichtmilch, Joghurt 1% Fett und Buttermilch
und verzichten Sie auf Vollmilch, Schlagobers und Creme fraiche.
- Käse
zählt ebenfalls zu den fettreichen Lebensmitteln. Weichen Sie auf
Schnittkäse bis 30% F.i.T., Hüttenkäse und Magertopfen
aus.
- Halbfettmargarine
und Halbfettbutter enthalten weniger Fett und wesentlich mehr Wasser.
- Sparen
Sie beim Kochen Fett ein. Wählen Sie fettsparende Zubereitungsarten.
Dämpfen, Dünsten und Grillen oder Braten in Folien und beschichteten
Pfannen ist auf jeden Fall gesünder als in Fett Herausgebackenes
oder Frittiertes.
- Sparsam
pflanzliche Öle verwenden. Pflanzliche Öle sind zwar wegen
ihres Gehaltes an ungesättigten Fettsäuren für unseren
Körper gesund, haben aber leider genauso viele Kalorien wie tierische
Fette. Wer abnehmen will, muß also auch bei der Verwendung von
pflanzlichen Ölen äußerst sparsam sein.
Tipp 2: Zucker absolut meiden
Haushalts- und Fruchtzucker treten äußerst rasch ins Blut über
und sorgen für hohe Blutzuckerspitzen.
- Alle
Arten von Zucker unbedingt meiden: Staubzucker, Kristall-, Würfel-
oder Kandiszucker. Zucker ist vielen Fertigprodukten beigesetzt. Salatdressings
und Saucen, Desserts und Nachspeisen aber auch Fruchtjoghurts enthalten
teilweise hohe Zuckermengen.
- Honig,
Marmelade und Trockenobst sind wahre Zuckerbomben.
- Meiden
Sie Obstsorten mit hohem Zuckergehalt: Weintrauben, Zwetschken und Pflaumen,
Zuckermelone, Bananen, Marillen und Pfirsiche. Beerenobst, Zitrusfrüchte
wie Grapefruit und Orange, Wassermelone und Äpfel weisen dagegen
einen deutlich niedrigeren Zuckergehalt auf. Diabetiker sollten aber
mit Obst in jedem Fall sparsam umgehen. Der notwendige Vitaminbedarf
kann über Gemüse und Salate gedeckt werden.
- Verwenden
Sie Süßstoffe: Ersetzen Sie Zucker beim Süßen
von Tee, Kaffee und Limonaden sowie beim Kochen und Backen durch kalorienfreie
Süßstoffe. Süßstoffe sind nachweislich nicht appetitanregend
und ernährungsmedizinisch sinnvolle Bestandteile der Reduktionskost.
In den üblichen Dosierungen sind Süßstoffe absolut nicht
gesundheitsschädlich.
- Achten
Sie bei Fruchtsäften und Softdrinks auf den Zuckergehalt. Frisch
gepresste Obst- und Gemüsesäfte sowie "Light-Produkte",
denen kein Zucker zugesetzt ist, sind empfehlenswert.
Tipp 3: Ausreichende Flüssigkeitszufuhr
Diabetiker sollten mindestens 1,5 bis 2 l Flüssigkeit pro Tag zu
sich nehmen, im Sommer oder bei körperlicher Betätigung weit
mehr. Leitungswasser, Mineralwasser oder ungezuckerter Tee, frisch gepresste
Frucht- und Gemüsesäfte ohne Zuckerzusatz sind zu bevorzugen.
Vermeiden Sie Alkohol. Denn alkoholische Getränke sind nach Fett
die kalorienreichsten Lebensmittel und enthalten keinerlei wichtige Inhaltsstoffe.
Alkohol führt außerdem zu erheblichen Schwankungen des Blutzuckerspiegels.
Tipp 4: Bewegung muß sein
Bewegungs- und Fitnesstraining sowie gezielte sportliche Betätigungen
helfen Ihnen beim Abnehmen ganz erheblich, speziell in Kombination mit
einer energiereduzierten Mischkost. Zugleich führt regelmäßige
Bewegung zu einer deutlichen Senkung der Blutzuckerwerte.
Schon 150 Minuten körperliche Aktivität pro Woche in Kombination
mit richtiger Ernährung reichen aus, um das Risiko an Diabetes zu
erkranken signifikant zu senken. Ausdauersportarten wie Schwimmen, Radfahren,
Wandern, Walking, Jogging, Gymnastik und Tanzen sind besonders geeignete
Sportarten.
Wer mit einem Trainingsprogramm beginnt, sollte vorher unbedingt einen
Arzt aufsuchen um seinen Körper durchchecken zu lassen. Das Trainingsprogramm
sollte natürlich möglichst effektiv sein, aber zugleich auch
Spaß machen.
Erst wenn durch alle diese diätetischen Maßnahmen der Blutzucker
nicht in den normalen Bereich gesenkt werden kann, ist eine medikamentöse
Therapie angezeigt. Hierfür stehen heutzutage eine große Auswahl
von Medikamenten zur Verfügung. So gibt es Substanzen, welche die
Insulinausschüttung aus der Bauchspeicheldrüse stimulieren.
Andere senken die Insulinresistenz und hemmen die körpereigene Zuckerproduktion
in der Leber. Und wieder andere verbessern deutlich die Insulinsensitivität
an den Muskelzellen.
Besondere Bedeutung wird auch dem frühen Einsatz von Insulin beigemessen.
Von den meisten Patienten sehr gefürchtet, ist der rechtzeitige Einsatz
von Insulin zu empfehlen, wenn der HbA1c-Wert auf über 8% ansteigt.
Die Konsultation eines Spezialisten ist in diesem Falle aber unerläßlich.
Regelmäßige Kontrollen notwendig
Neben der Früherkennung und dem rechtzeitigen Einsatz von therapeutischen
Maßnahmen möchte ich nochmals auf die Bedeutung einer engen
Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient hinweisen. Nur durch eine genaue
Aufzeichnung von Blutzucker- und Harnzuckermessungen, die der Patient
zur Selbstkontrolle leicht zu Hause durchführen kann, erhält
der Arzt einen brauchbaren Überblick über die aktuelle Stoffwechselsituation.
Alle drei Monate sollte routinemäßig bei Diabetikern auch der
Langzeitwert, der HbA1c-Wert, getestet werden.
Weiters sollte in regelmäßigen Abständen auf das Vorliegen
von Folgeerkrankungen oder das gleichzeitige Bestehen von anderen Risikofaktoren
für Herz und Kreislauf untersucht werden:
- Ruhe-EKG
und Belastungs-EKG
- Harnuntersuchung
auf Eiweiß
- Untersuchung
der Fußpulse mittels Dopplersonographie
- Regelmäßige
Blutdruckmessungen
- Blutanalysen
mit Cholesterin, Triglyceriden und Nierenwerten
- Augenärztliche
Begutachtungen
Doch
eigentlich sollte es gar nicht so weit kommen. Bewußter leben hält
den Diabetes an. Ein Großteil der Diabetiker können nämlich
durch richtige Ernährung, Bewegung und Sport den Ausbruch der Erkrankung
und damit das Auftreten von Folgeschäden erfolgreich verhindern.
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