Schulterschmerz
Die Schulter ist das beweglichste Gelenk des menschlichen Körpers. Mit unseren Händen und Armen können wir fast ungehindert Bewegungen in alle Richtungen ausführen. Das bedeutet aber auch, dass die Schulter nur durch Muskeln und Bänder zusammengehalten wird und nicht, wie bei den meisten anderen Gelenken, durch knöcherne Strukturen. Deshalb sind speziell im Schulterbereich Schäden durch Überlastungen der Sehnen besonders häufig anzutreffen, während Abnützungen am Gelenkknorpel selbst seltener als bei anderen Gelenken auftreten.
Schmerzen und Funktionsstörungen mit Einschränkung der Beweglichkeit in der Schulter sind eine der häufigsten rheumatischen Erkrankungen und ein wichtiges Problem der Alltagspraxis. Die Ursachen der Beschwerden sind jedoch vielfältiger Natur und müssen deshalb vor Beginn einer Therapie exakt differenziert werden. Wie auch für die meisten anderen rheumatischen Erkrankungen gilt für die Schulter, daß eine frühzeitige Diagnose und Therapie die Chancen auf eine komplette Ausheilung erheblich verbessern.
Das Impingement-Syndrom
Unter dieser Erkrankung, die auch als Schulterengpass-Syndrom bezeichnet wird, versteht man eine Funktionsstörung der Schulter infolge einer chronischen Überbelastung. Für das Drehen und Heben unserer Arme sind mehrere Muskeln, die sogenannte Rotatorenmanschette, zuständig. Schon in der gesunden Schulter haben diese Muskeln zwischen dem Oberarmkopf und dem darüber liegenden Schulterdach nur wenig Platz. Ist durch eine Erkrankung der Schulterraum verengt, reiben die Sehnen bei jeder Bewegung am knöchernen Schulterdach und werden eingequetscht. Das verursacht erhebliche Schmerzen.
Das Impingement-Syndrom ist die häufigste Störung des Schultergelenkes und tritt meist um das fünfzigste Lebensjahr auf, bei Frauen gleich häufig wie bei Männern. Circa zehn Prozent der Bevölkerung leiden an dieser Erkrankung. Die Ursachen sind Über- und Fehlbelastungen der Schultermuskeln mit Verdickungen der Sehnen, ein Schulterhochstand durch eine schlechte Haltung aber auch schlecht verheilte Knochenbrüche am Oberarmkopf. Begünstigt wird diese Erkrankung durch Kalkablagerungen in den Sehnen und durch eine Abnützung des Schultereckgelenkes (AC-Gelenk), das ein Teil des Schulterdaches ist.
Die Beschwerden treten oft schleichend auf und werden über viele Monate ignoriert. Bei akuten Verletzungen schießt der Schmerz dagegen ein und hört nicht mehr auf.
Charakteristische Beschwerden
- Schmerzen beim seitlichen Heben des Armes zwischen 80 und 120 Grad. Schmerzen werden an der seitlichen Schulterpartie verspürt und können in den Oberarm ausstrahlen. Häufig treten diese Beschwerden beim Bügeln, Fenster putzen oder anderen Bewegungen, bei denen die Arme hochgehalten werden, auf.
- Das seitliche Anheben des Armes gegen Widerstand verstärkt die Schmerzen.
- Wechselnd starke Spontan- und Ruheschmerzen. Das Liegen in der Nacht auf der betroffenen Schulter wird oft als sehr unangenehm empfunden.
- Typische Bewegungsschmerzen: das Einschlagen der Hand auf dem Rücken (Schürzengriff), kombinierte Bewegungen wie Mantel anziehen oder Drehbewegungen mit gebeugtem Vorderarm (Schraubenzieherbewegung) sind schmerzhaft.
- Reibegeräusch bei Bewegung.
- Schmerzhafte Druckpunkte an der seitlichen und vorderen Schulterpartie.
Oftmals kann der Patient die Beschwerden nur ungenau beschreiben und berichtet von einer Ausstrahlung in den Arm oder den Rumpfbereich. Manchmal treten die Beschwerden so akut auf, dass selbst geringste Bewegungen der Schulter mit heftigsten Schmerzen verbunden sind, und die Schulter wie völlig eingesteift wirkt.
Röntgenaufnahmen, Ultraschall und Magnetresonanz der Schulter ermöglichen eine exakte Diagnose. Die Bestimmung der Schulterhöhe, also des Freiraumes zwischen Oberarmkopf und Schulterdach, ist dabei sehr wichtig.
Grundsätzlich sollte bei Schulterbeschwerden immer gleichzeitig die Halswirbelsäule, das Ellbogengelenk und die Gelenke am Brustbein untersucht werden, da Ausstrahlungsschmerzen zu Fehldiagnosen führen können. Die aktive Beweglichkeitsprüfung und eine Reihe von Funktionstests für jeden einzelnen Muskel bringen schließlich die entscheidenden diagnostischen Hinweise.
Man achte jedoch auf einige sehr tückische Fallen bei Schulterschmerzen: alle Oberbauchorgane (Leber, Gallenblase) können bei Erkrankung mit Schulterschmerzen reagieren. Ebenso klassisch kann ein linksseitiger Schulterschmerz eine Durchblutungsstörung der Herzkranzgefäße signalisieren. Daneben können krankhafte Prozesse an der Wirbelsäule und Nervenkompressionssyndrome Schulterbeschwerden vortäuschen.
Behandlungsmöglichkeiten
Für das Impingement-Syndrom gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen Behandlungsmöglichkeiten. Bei akut aufgetretenen Beschwerden steht die medikamentöse Behandlung im Vordergrund. Sie erfolgt mit Antirheumatika, die entzündungshemmend und schmerzstillend wirken. Neben der oralen Verabreichung hat sich vor allem die Gabe von Infusionen mit hochdosiertem Vitamin B Komplex als besonders effizient erwiesen.
Besonders wirksam ist die Infiltration der Schulter mit Lokalanästhetika unter Zusatz von winzigen Kortisonmengen. Die Substanzen werden direkt unter das Schulterdach gespritzt und lösen die Entzündung auf. Meist sind mehrere Injektionen als Serie notwendig.
Gerade im akuten Stadium kann sich der Patient durch lokale Kältetherapie Linderung verschaffen. Diese Kältetherapie sollte zweimal täglich über jeweils 15 Minuten durchgeführt werden, in dem vorgefertigte Kältebeutel (aber auch tiefgefrorene Erbsen oder ein Plastiksack mit Eiswürfel) lokal aufgelegt werden. Günstigerweise sollte man unter dem Eisbeutel ein Stofftuch verwenden, um lokale Kälteschäden an der Haut zu vermeiden. Im akuten Stadium sollte man die Schulter ruhig halten und Überkopfbewegungen vermeiden. Elektrotherapie, Ultraschall und vor allem Akupunktur wirken hervorragend auf die Schmerzen.
Bei chronischen Verlaufsformen steht die Bewegungstherapie mit Muskelaufbau im Vordergrund. Trainiert werden anfangs jene Muskeln, die den Schulterraum erweitern, wie die Rückenmuskulatur und der Bizeps. Erst später werden die Rotatoren gestärkt. Chronische Beschwerden werden mit örtlichen Wärmeanwendungen in Form von Schlammpackungen, Massagen, Bädern aber auch Stromtherapie, Ultraschall und Akupunktur behandelt.
Ein weiteres sehr wirksames Mittel zur konservativen Therapie ist die niedrig dosierte Strahlentherapie. Durch die Applikation von Röntgenschwachstrahlen werden Entzündungen und kleine Kalkablagerungen aufgelöst.
Operative Maßnahmen kommen lediglich bei akutem Muskelabriss im Schulterbereich oder aber bei schweren anatomischen Veränderungen wie großräumigen Verkalkungen oder schweren Abnützungen der Gelenkflächen zum Einsatz. Man darf jedoch nicht vergessen, dass im Anschluss an eine Schulteroperation die Funktion erst nach ca. einem Jahr wieder hergestellt ist und konsequente Heilgymnastik angesagt ist, um überhaupt ein gutes funktionelles Resultat zu erzielen.
Die Omarthrose
Eine weitere häufige Erkrankung ist die Abnützung des Schultergelenkes, die Omarthrose. Den Knorpelabrieb findet man am Oberarmkopf und/oder der Schulterpfanne. Wiederholte Verletzungen, Knochenbrüche, Schulterluxationen und extreme Überlastungen führen zu einer frühzeitigen Abnützung.
Neben Schmerzen in der Schulter und im Oberarm, die sowohl bei Ruhe als auch Bewegung und gerne auch nachts auftreten, ist die Beweglichkeit der Schulter und damit auch des Armes eingeschränkt.
Zur Behandlung stehen hochwertige Knorpelaufbaupräparate zur Verfügung. Hyaluronsäure, welche direkt in das Gelenk gespritzt wird, regt die Bildung von neuem Knorpel an und regeneriert das Gelenk. Zusätzlich werden orale Knorpelaufbaumittel wie Chondroitin- und Glucosaminsulfat ebenso wie Diacerein gegeben. Neben lokalen Wärmeanwendungen ist wieder die Heilgymnastik unverzichtbar, um die Gelenkbeweglichkeit zu fördern. Bei schweren Abnützungen stehen operative Maßnahmen mit Einsetzen eines künstlichen Schultergelenkes zur Verfügung.
Gelenksentzündungen
Rheuma ist eine wahre Volksplage, wobei Gelenksentzündungen wie die chronische Polyarthritis zu den gefürchtetsten Erkrankungen zählen. Diese Krankheit kann in jedem Lebensalter auftreten.
Als Ursache von Gelenksentzündungen ist eine Fehlregulation unseres Immunsystems festzustellen, welches überaktiv ist und sich gegen unseren Körper richtet. Über eine Aktivierung diverser Botenstoffe und Zellen des Immunsystems kommt es dann zu einer entzündlichen Reaktion in Gelenken, Muskeln und diversen inneren Organen wie Niere oder Lunge. Laboruntersuchungen der Rheumafaktoren und Entzündungsparameter geben zusammen mit Röntgenbildern meist den Hinweis auf eine Polyarthritis.
Betroffen sind in erster Linie zwar die kleinen Gelenke wie Finger-, Zehen- und Handgelenke, Schultern sind aber ebenfalls häufig mitbetroffen. Die Beschwerden sind denen der Schulterabnützung und -enge sehr ähnlich und äußern sich als Schmerzen bei Ruhe und Bewegung und einer Bewegungseinschränkung. Oft ist die Schulter geschwollen mit einer Ergußbildung im Gelenk. Das Dramatische an der chronischen Polyarthritis ist die extrem rasch einsetzende Gelenkszerstörung.
Deshalb sollten Gelenksentzündungen so rasch wie möglich erkannt und eine adäquate Therapie eingeleitet werden. Experten sprechen von einem „therapeutischen Fenster“ in den ersten sechs Monaten nach Krankheitsbeginn. Wird hier behandelt, kommt es oft zu einem vollständigen Stillstand der Erkrankung. Durch die Gabe sogenannter Basismittel wird die Entzündung von innen heraus gestoppt.
Speziell die Entwicklung von neuen Substanzen, die die entzündlichen Botenstoffe unseres Immunsystems blockieren, wie TNF-Alpha oder IL-1-Antagonisten haben zu einer Revolutionierung der Therapie geführt. Seit kurzem können auch mit zwei neuen Medikamenten die aggressiven Zellen des Immunsystems (B- und T-Zellen) direkt beeinflusst werden. Alle diese neuen Präparate werden mit dem Namen „Biologika“ bezeichnet. Sie werden als Infusion verabreicht oder können vom Patienten selbst unter die Haut gespritzt werden.
Im Gegensatz zu den bislang zur Verfügung stehenden Therapien führen Biologika häufig zu einem völligen und raschen Stillstand der Gelenkszerstörung. Natürlich wird auch bei Gelenksentzündungen mit Infusionen, Infiltrationen und diversen physikalischen Behandlungen gearbeitet.
Bei allen Arten von Schulterbeschwerden gilt, dass durch eine rechtzeitige Therapie die Beschwerden oft dauerhaft verschwinden. Wer mehr als drei bis vier Wochen an Schulterschmerzen leidet, sollte daher unverzüglich einen Spezialisten aufsuchen.