Dr. med. Thomas Schwingenschlögl
Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie, Ernährungsmediziner
Wir kümmern uns um Ihre Gesundheit!

Was ist das Metabolisches Syndrom?

Gesund sein heißt, dass wir uns körperlich, seelisch und in unserem sozialen Umfeld wohlfühlen. Ist einer dieser Bereiche nicht in Ordnung, kommt es zu Störungen unserer Befindlichkeit, und wir werden krank. Viele Faktoren beeinflussen unser tägliches Leben und entscheiden darüber, ob wir auch in Zukunft gesund bleiben. Unser Lebensstil, unsere Ernährung, Bewegung und Sport sind dabei besonders wichtig.

Warum wir unseren Körper hegen und pflegen sollten

Eines der größten Grundübel für das Entstehen von Krankheiten ist neben einer gewissen genetischen Veranlagung ein zu hohes Körpergewicht. Wir Österreicher sind zu dick und wir werden immer dicker. Und das beginnt schon bei unseren Kindern. Übergewicht ist aber nicht nur kosmetisch störend oder eine psychische Belastung. Schon ein paar Kilos mehr belasten unsere Wirbelsäule und die Gelenke. Bestehende Herz- und Lungenerkrankungen verschlechtern sich. Wir werden kurzatmig und bekommen keine Luft.
Übergewicht löst auch eine Reihe anderer Krankheiten aus und fördert die allgemeine Gefäßverkalkung, die Arteriosklerose. Gesellen sich zum Übergewicht noch andere sogenannte Risikofaktoren wie hoher Blutdruck, hohe Blutfette und hohe Blutzuckerwerte (das Auftreten dieser Stoffwechselstörungen wird wiederum durch Übergewicht gefördert), dann werden unsere Blutgefäße noch schneller verkalken und es treten vermehrt Schlaganfälle und Herzinfarkt auf.
Bei einer solchen Kombination verschiedener Risikofaktoren spricht man von einem „metabolischen Syndrom“. Dieses Krankheitsbild wird bei Vorliegen folgender Risikofaktoren diagnostiziert:

  • Bauchumfang über 88 cm bei Frauen und über 102 cm bei Männern (gemessen wird der größte Bauchumfang)
  • Triglyceride nüchtern über 150 mg / dl
  • HDL-Cholesterin, das ist das gute Cholesterin im Körper, unter 35 mg / dl bei Männern oder unter 45 mg / dl bei Frauen
  • Blutdruck über 135 / 85 mm Hg
  • Nüchternblutzucker über 100 mg / dl oder bekannter Diabetes mellitus

Liegen drei der fünf aufgezählten Faktoren vor, dann darf die Diagnose eindeutig gestellt werden. Je mehr Risikofaktoren zu finden sind, desto schlechter schaut es mit unserer Durchblutung aus. Denn diese Stoffwechselerkrankungen addieren sich nicht nur, sondern sie potenzieren sich. Mit jedem weiteren Risikofaktor wie Rauchen oder einer genetischen Veranlagung steigt das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall sprunghaft. Aber zum Glück können wir vieles selbst beeinflussen.

Wass ich selbst tun kann

Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Therapie ist eine Änderung unserer Lebensweise, also unserer Eßgewohnheiten und unserer Bewegung und sportlichen Aktivitäten. Mit Medikamenten alleine ist es auf gar keinen Fall getan.

Gerade bei der Bewegung schätzen sich viele Menschen falsch ein. Denn eine aktive Lebensweise mit Arbeiten im Garten und Haushalt, Spielen mit den Enkelkindern oder wiederholtes Treppensteigen im eigenen Haus ist zwar grundsätzlich gut, hat aber leider kaum einen positiven Einfluss auf unseren Stoffwechsel oder schon bestehende Risikofaktoren. Dafür ist ein „kardio-respiratorisches Ausdauertraining“ notwendig, bei dem konstant über einen bestimmten Zeitraum mit einer vorgegebenen Pulsfrequenz trainiert wird. Ein Herz-Kreislauf-Belastungstest am Fahrrad oder am Laufband (Ergometrie) bei Ihrem Internisten gibt Aufschluss über die optimale Herzfrequenz beim Trainieren. Sportarten wie Radfahren (gerade am Heimtrainer zu jeder Jahreszeit möglich), Walken, Nordic-Walken, Skaten oder Joggen eignen sich hervorragend zum Abnehmen und Fitmachen unseres Stoffwechsels.
Natürlich muss so ein Training regelmäßig betrieben werden, wobei ungeübte mit einigen Minuten pro Tag beginnen und ihre Trainingseinheiten dann sukzessive immer um ein paar Minuten verlängern sollten. Wer aber eine halbe Stunde nicht durchhält, z. B. aufgrund von Gelenksproblemen, der kann auch dreimal täglich zehn Minuten trainieren. Das ergibt den gleichen Effekt. Zwischen den einzelnen Trainingseinheiten dürfen jedoch nicht mehr als 48 Stunden vergehen, sonst geht der positive Effekt auf Gewicht und Stoffwechsel verloren. Das heißt, dass wir nicht nur am Wochenende sondern auch zwischendurch „sporteln“ müssen.

Neben Ausdauersportarten hilft auch ein vorsichtiges Muskeltraining oder Body-Building beim Abnehmen. Denn erstens werden schlaffe Muskeln wieder gestrafft und zweitens führt eine größere Muskelmasse in unserem Körper zu einer ständigen Erhöhung unseres Energieumsatzes. Wir verbrennen dann auch in Ruhe laufend mehr Kalorien.

Richtige Ernährung

Fürs Abnehmen und zum Erhalten Ihres neuen Gewichts wird eine leichte Mischkost mit reichlich Kohlenhydraten und Ballaststoffen und zugleich wenig Fett empfohlen. Viel frisches Obst, Gemüse und Salate in Verbindung mit Brot und Getreideprodukten, Kartoffeln, Reis und Teigwaren in fettarmer Zubereitung liefern ausreichend Nährstoffe und machen auch satt. Verteilen Sie mehrere kleine Mahlzeiten über den ganzen Tag. Das ist gut fürs Abnehmen und verhindert auch ein Absinken Ihrer Leistungskurve.

Einseitige Diäten sind medizinisch abzulehnen. Sie führen zwar kurzfristig über einen Verlust von Wasser und Muskelmasse (was nicht erwünscht ist) zu einer Gewichtsreduktion. Spätestens einige Wochen nach der Diät wiegen Sie dann mehr als je zuvor. Experten sprechen vom sogenannten „Jo-Jo-Effekt“. Eine langfristige Umstellung unserer Essgewohnheiten mit regelmäßiger körperlicher Betätigung ist dagegen der Schlüssel zum Erfolg.

Die wichtigsten Ernährungstipps

Fünfmal täglich Gemüse und Obst: drei Portionen Gemüse oder Salat und zwei Portionen Obst sollten Sie täglich verzehren. Da sie kaum Kalorien haben, können sie eigentlich unbegrenzt gegessen werden. Nur bei besonders süßen Obstsorten wie Weintrauben oder Marillen ist aufgrund des hohen Zuckergehaltes ein wenig Zurückhaltung angesagt. Alternativ sind auch Obst- und Gemüsesäfte erlaubt. Das Geheimnis von Gemüse und Obst sind aber auch die wertvollen Vitamine und sekundären Pflanzenstoffe wie Carotinoide, Flavonoide, Saponine, Sulfide und viele mehr. Sie haben ein ungeheures Potential im Kampf gegen Infekte, Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Fettkonsum beschränken: Fett ist das kalorienreichste Lebensmittel und trägt wesentlich zum Übergewicht bei. Schränken Sie den Verzehr von fetten Fleisch- und Wurstwaren sowie von fetten Milchprodukten wie Butter, Käse, Creme Fraiche und Schlagobers ein. Mageres Fleisch und Schinken sind erlaubt. Pflanzenöle sind zwar grundsätzlich von der Zusammensetzung gesünder, aber auch kalorienreich. Beim Kochen und Braten, aber auch beim Salatdressing daher wenig Öl verwenden.

Süßigkeiten mit Maß: wegen des hohen Fett-, Zucker- und Kaloriengehaltes bitte weniger Süßspeisen. Ersetzen Sie Zucker beim Kochen, Backen und Süßen von Tee, Kaffee und Limonaden durch kalorienfreie Süßstoffe. Kein Naschen zwischendurch!

Mehr Kohlenhydrate: 50 Prozent der Nahrungsenergie aus komplexen KH wie Vollkornbrot, -reis, -nudeln und -getreideflocken sowie Kartoffeln und Reis. Durch den hohen Anteil an Ballaststoffen regulieren sie die Verdauung und tragen zur Sättigung bei. Grundsätzlich gilt: Brot macht nicht dick, sondern nur das, was draufkommt.

Wasser als Lebenselixier: mindestens 1,5 bis 2 Liter Flüssigkeit pro Tag, im Sommer oder bei körperlicher Betätigung weit mehr. Leitungswasser, Mineralwasser oder ungezuckerter Tee, frisch gepresste Frucht- und Gemüsesäfte sind zu bevorzugen.

Keinen Alkohol! Alkoholische Getränke enthalten besonders viele Kalorien und haben keinen Nährwert. Als Faustregel gilt: Je hochprozentiger, desto kalorienreicher.

Medikamente nur vom Arzt

Gelingt es mit einer Ernährungsumstellung und einem Fitnessprogramm alleine nicht unseren Stoffwechsel in Schwung zu bringen und die Risikofaktoren zu eliminieren, dann kommen Medikamente zum Einsatz. Sie können Blutdruck und Blutzucker senken, das Gesamt- und schlechte Cholesterin (LDL-Chol) reduzieren und das gute HDL-Cholesterin steigern. Zusätzlich wird häufig das gute alte „Aspirin“ in niedriger Dosis eingesetzt, um das Verkleben der Blutplättchen zu hemmen. Dadurch wird das Blut geschmeidiger. Vorübergehend können auch den Appetit zügelnde Medikamente verordnet werden.

Alle Medikamente dürfen nur in Absprache mit Ihrem Arzt eingenommen werden. Bitte keine Selbstmedikation!

Kontrollen beim Arzt

Regelmäßige Kontrollen von Blutdruck, Blutzucker sowie Cholesterin und Triglyceriden zeigen den aktuellen Stand aller therapeutischen Bemühungen. Allerdings sei darauf hingewiesen, dass Blutdruckwerte beim Arzt oft wesentlich höher als zu Hause sind (das sogenannte Weiß-Kittel-Syndrom). Deshalb sollten Sie Ihren Blutdruck regelmäßig in Ruhe daheim messen, wobei es ratsam ist Ihren Blutdruckmesser alle zwei Jahre neu eichen zu lassen. Für diagnostische Zwecke gibt der Arzt seinem Patienten eine 24- Stunden- Blutdruckmanschette mit, die über den ganzen Tag und auch die Nacht verteilt ein aktuelles Blutdruckprofil erstellt.

In jährlichen Intervallen sollte auch ein Herz-Kreislauf-Belastungstest durchgeführt werden. Damit kann man den Blutdruck bei körperlichen Anstrengungen überprüfen aber gleichzeitig auch eine Durchblutungs- oder Rhythmusstörung am Herzen ausschließen. Des Weiteren sind Ultraschallmessungen an der Halsschlagader (Carotis-Duplex) und an den Blutgefäßen der Beine in regelmäßigen Abständen sinnvoll. Damit können Durchblutungsstörungen frühzeitig erkannt werden.

Ist sich der Arzt nicht sicher, ob jemand wirklich zuckerkrank ist, dann wird ein „oraler Glucose-Toleranztest“ durchgeführt. Dabei muss der Patient eine standardisierte Zuckerlösung trinken. Danach wird halbstündlich der Blutzucker gemessen, der bestimmte Grenzen nicht überschreiten darf. Für Verlaufskontrollen bei Diabetikern eignet sich der HBA1C-Wert. Dieser Parameter spiegelt die Höhe des durchschnittlichen Zuckers in den letzten 4 bis 6 Wochen wider.

Frauen besonders in Gefahr

Bis vor wenigen Jahren betrachtete man Herzinfarkte und Schlaganfälle fast als reines Männerleiden. Speziell Männer zwischen 40 und 50 Jahren galten als höchst gefährdet. Doch in Wirklichkeit haben Frauen insgesamt ein höheres Risiko für eine kardio-vasculäre Erkrankung, besonders nach dem Wechsel, weil dann die schützenden weiblichen Hormone abfallen.

Und erschreckende Zahlen gibt es auch bei unseren Kindern: Schätzungen gehen davon aus, dass rund 10-15% der österreichischen Kinder übergewichtig sind. Und davon entwickeln sich mehr als 90% zu übergewichtigen Erwachsenen mit allen Risikofaktoren, die damit einhergehen. Also keine Rede davon, dass sich zu dicke Kinder mit den Jahren noch auswachsen werden. Deshalb müssen Ernährungs- und Bewegungsprogramme schon bei unseren Kindern beginnen, damit wir später auch als Erwachsene gesund und fit bleiben.

Gesundheit aus der Pillendose

Hat die Zukunft des Essens bereits begonnen? Lebensmittelingenieure konstruieren für uns die perfekte Nahrung. Durch die Erkenntnis, daß einige Nahrungsmittel aufgrund ihres Gehalts an spezifischen Biochemikalien die Gesundheit und das physische und psychische Wohlbefinden beeinflussen können, gewinnt in letzter Zeit „Gesundheitsnahrung“ bei den Österreichern zunehmend an Bedeutung und Akzeptanz. Der Schwerpunkt der Ernährungsforschung liegt heute auf einer Optimierung des Gesundheitszustandes und einer Lebensverlängerung durch Veränderung von Nahrungsmitteln.

Was uns in Zukunft vom Teller anlacht, ist nicht mehr das gewöhnliche Lebensmittel, sondern die Super-Nahrung. Angereichert mit allem, was der Mensch braucht, um lange zu leben.
Sowohl synthetische als auch natürlich vorkommende Verbindungen können eine gesundheitsfördernde Wirkung haben. Da der Verbraucher synthetische Zusatzstoffe von vorne herein argwöhnisch betrachtet, ist das Interesse an in den Nahrungsmitteln natürlich vorkommenden, gesundheitsfördernden Stoffen besonders groß. Daher werden Nahrungsmitteln wohl überlegt ausgewählte Substanzen zugesetzt, mit der Absicht, durch ihren Verzehr Krankheiten zu verhindern. So konnte für bestimmte Lebensmittel wie Knoblauch, Kohl, Ingwer, Sojabohnen eine krebsreduzierende Wirkung festgestellt werden. Aber auch Cerealien wie Weizen, Reis, Hafer und Gerste erfüllen diese Anforderung. Andere Inhaltsstoffe wie Vitamin C und E können wiederum Entzündungsvorgänge positiv beeinflussen und damit Gefäßverkalkungen und entzündliche Gelenkserkrankungen positiv beeinflussen.

Designer Food

Mit dem Begriff Designer Food oder Functional Food werden Nahrungsmittel bezeichnet, die der Nährstoffversorgung dienen und gleichzeitig gesundheitsfördernde Effekte erzielen. Die Palette dieser Nahrungsmittel reicht von isolierten Nährstoffen, Diätzusätzen und unveränderten pflanzlichen Produkten bis hin zu technologisch bearbeiteten Nahrungsmitteln und gentechnisch entwickelten Designer-Nährstoffen. Designer Food kann sowohl präventiv als auch zur Therapie von Krankheiten eingesetzt werden.

Verwendung finden unter anderem Ballaststoffe, mehrfach ungesättigte Fettsäuren, Eiweiße, Mineralstoffe und Spurenelemente, Vitamine sowie Antioxidantien wie Selen, Zink, Vitamin C und E. Diese Nährstoffe haben eine positiv regulierende Wirkung auf den Zucker-, Cholesterin- und Triglyceridspiegel im Blut, hemmen die Blutplättchenaggregation, mindern das Krebsrisiko, bewirken eine positive Beeinflussung des Immunsystems und sollen vor entzündlichen Prozessen schützen.
Probiotische Lebensmittel, die gesundheitsfördernde Mikroorganismen wie Milchsäurebakterien enthalten, fördern die Darmverdauung.

Grundsätzlich kann man dem Einsatz von Functional-Food und Nahrungsergänzungen viel Gutes abgewinnen. Doch ein gesunder Lebensstil mit Bewegung, Sport und einer vernünftigen Ernährung kann dadurch nicht ersetzt werden.