Dr. med. Thomas Schwingenschlögl
Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie, Ernährungsmediziner
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Volksleiden Rheuma

Rheuma ist keine einzelne Krankheit sondern bezeichnet mehr als 400 verschiedene Erkrankungen an unseren Gelenken, Muskeln, der Wirbelsäule und den Weichteilen. Sie alle verursachen starke Schmerzen, Steifheitsgefühl und eine Einschränkung der Beweglichkeit. Zu den besonders gefährlichen rheumatischen Leiden zählen chronische Gelenksentzündungen wie die Polyarthritis, die Psoriasisarthritis oder der Lupus, Wirbelsäulenentzündungen wie der Bechterew und Muskelentzündungen wie die Polymyalgia rheumatica. Gefährlich deshalb, da sich Gelenke und Wirbelsäule durch die aggressive Entzündung oft binnen weniger Wochen stark abnützen und versteifen.

Etwas langsamer entwickeln sich die Veränderungen bei den Arthrosen, den Gelenksabnützungen. Sie sind dafür die mit Abstand häufigste Gelenkserkrankung und gelten als wahre Volkskrankheit. Fast jeder wird im Laufe seines Lebens mit Schmerzen und rheumatischen Beschwerden konfrontiert. Bei rund zwei Millionen Österreichern entwickelt sich daraus eine chronische Erkrankung. Dies gilt es rechtzeitig zu verhindern! Neue Therapiemöglichkeiten versprechen Heilung oder zumindest deutliche Linderung bei Entzündungen und Abnützungen.

Gefährliche Gelenksentzündungen

Die chronische Polyarthritis ist der Prototyp einer solchen Gelenksentzündung. Es handelt sich dabei um eine Störung unseres Immunsystems, welches sich gegen unsere eigenen Gelenke richtet und sie zerstört. Gerade in den ersten zwei Jahren der Erkrankung entstehen die größten Dauerschäden. Bei jungen Menschen sieht man bei aggressiven Verläufen oft schon nach wenigen Monaten eine völlige Versteifung der Gelenke.

Deshalb ist die Suche nach Frühzeichen der Erkrankung besonders wichtig, um rechtzeitig eine Therapie einleiten zu können.

Zu diesen zählen Gelenksschwellungen, wobei häufig Finger- und Zehengrundgelenke, Handgelenke, seltener große Gelenke wie Knie, Schulter und Sprunggelenke betroffen sind. Neben der typischen Morgensteifigkeit und dem Schmerzmaximum am Vormittag berichten die Betroffenen über Kraftlosigkeit und Bewegungseinschränkungen der Gelenke. Ein kräftiger Händedruck verursacht fast immer starke Schmerzen, man spricht vom „Begrüßungsschmerz“.

Rheuma in der Wirbelsäule

Der Morbus Bechterew ist eine chronische, entzündlich- rheumatische Erkrankung, die hauptsächlich die Wirbelsäule betrifft. Meist beginnt die Erkrankung zwischen dem 15. und 35. Lebensjahr. Männer sind häufiger betroffen und haben aggressivere Verläufe.

Im Anfangsstadium werden die Beschwerden leider meist als gewöhnlicher Kreuz- und Rückenschmerz fehlgedeutet und damit nicht richtig behandelt. Dank charakteristischer Merkmale der Erkrankung sowie effizienter diagnostischer Techniken wie Laboruntersuchungen und spezielle Schichtröntgen gelingt es dem erfahrenen Rheumatologen heute die Diagnose frühzeitig zu stellen und damit rechtzeitig eine Therapie einzuleiten. So sind schwere Verläufe dieser Erkrankung mit völliger Versteifung der Wirbelsäule und damit Unbeweglichkeit zum Glück eine Seltenheit geworden.

Bei folgenden Beschwerden sollten Sie an einen Morbus Bechterew denken:
  • Tiefsitzender Rückenschmerz verbunden mit einer Bewegungseinschränkung in der Lendenwirbelsäule und über dem Kreuzbein
  • Morgendliches Schmerzmaximum mit einer ausgeprägten Morgensteifigkeit der Wirbelsäule sowie nächtliche Schmerzen beim Liegen
  • Schleichender Beginn der Schmerzen, der sich über Wochen hinzieht
  • Dauer der Schmerzen länger als drei Monate
  • Besserung bei Bewegung und Verschlimmerung bei Ruhe

Bei ca. 40 % der Betroffenen treten zusätzlich schmerzhafte Entzündungen an Hüften, Knien, Schultern und diversen Weichteilen (Sehnen, Sehnenscheiden und Schleimbeutel) auf.

Ab dreißig leiden die Gelenke unter Abnutzung

Die Gelenksabnützung (= Arthrose) ist die mit Abstand häufigste Gelenkserkrankung und eine wahre Volksplage. Erste Symptome der Arthrose treten oft schon im Alter von dreißig Jahren auf - zu einem Zeitpunkt, wo die wenigsten Menschen darin die Ursache für ihre Gelenksbeschwerden vermuten. Die Früherkennung ist besonders wichtig, da Verschleißerscheinungen lange Zeit unbemerkt bleiben. Treten erst einmal starke Schmerzen auf, ist die Erkrankung bereits weit vorgeschritten.

Betroffen sind vor allem die Gelenke, die wir am meisten beanspruchen: die durch das Körpergewicht belasteten Gelenke der Beine wie Knie-, Hüft- und Sprunggelenke. Zur zweiten großen Gruppe zählen Hand-, Finger- und Zehengelenke.

  • Anlaufschmerzen nach längerem Sitzen und Liegen
  • Gelenkssteifigkeit
  • Gelenksgeräusche bei Belastung
  • Bewegungseinschränkung
  • Plötzliche Bewegungsausfälle
  • Kraftlosigkeit

Wer dieses Stadium nicht ernst nimmt und behandelt, muß mit deutlichen Gelenksdeformierungen, Schwellungen und Dauerschmerzen rechnen.

Weichteilrheuma

Während Arthrosen und Gelenksentzündungen sich im Inneren unserer Gelenke abspielen, befällt der Weichteilrheumatismus jene Strukturen, die außerhalb unserer Gelenke und Knochen liegen, also unsere Weichteile.

Weichteilrheuma kann in jedem Lebensalter auftreten und ist die mit Abstand häufigste Form von Rheuma. In den meisten Fällen tritt er nur lokalisiert auf. Der Tennisellbogen ist ebenso wie Muskelverspannungen im Nacken und Sehnenscheidenentzündungen der Hände ein typisches Beispiel einer solchen Erkrankung.

Manchmal dehnen sich die Beschwerden auf den ganzen Körper aus, es schmerzt einfach überall. Experten sprechen vom Fibromyalgie-Syndrom.

Diese Krankheit ist durch großflächige Muskelschmerzen am ganzen Körper mit zusätzlichen typischen Druckschmerzpunkten charakterisiert. Die Betroffenen sind oft extrem berührungsempfindlich. Die Beschwerden können von Tag zu Tag bezüglich Lokalisation und Intensität sehr variieren, manchmal schmerzt einfach alles. Dazu kommen eine starke Müdigkeit und Erschöpfung schon auf geringe körperliche und geistige Belastungen, Schlafstörungen, Angstgefühle, Depressionen aber auch andere vegetative Störungen wie Reizdarm, Reizblase und Schweißausbrüche. Schmerzen und Müdigkeit sind oft so stark, daß die Betroffenen kaum noch arbeitsfähig sind. Die Lebensqualität ist massiv beeinträchtigt.

Das Tückische an der Fibromyalgie ist, dass selbst bei oft sehr ausgeprägten Beschwerden alle Untersuchungen wie Labor, Röntgen oder Ultraschall völlig unauffällig sind. Weichteilrheumatismus lässt sich nur durch eine gründliche klinische Untersuchung von einem Rheumaspezialisten eindeutig feststellen.

Immuntherapie bei Polyarthritis

Bei Gelenksentzündungen, bei Schuppenflechte und bei Morbus Bechterew kommen in erster Linie sogenannte „Basismedikamente“ zum Einsatz. Diese Arzneien drosseln das überaktive Immunsystem und bringen es auf ein gesundes normales Niveau. Entzündungen in den Gelenken und Wirbelsäule lassen schlagartig nach.

Speziell die Entwicklung von neuen Substanzen, die die entzündlichen Botenstoffe unseres Immunsystems blockieren, wie die TNF-Alpha- Blocker, haben zu einer Revolutionierung der Therapie geführt. Jetzt können mit zwei neuen Medikamenten die aggressiven Zellen des Immunsystems (B- und T-Zellen) auch direkt beeinflusst werden.
Alle diese neuen „biologischen Medikamente“ werden als Infusion verabreicht, oder der Patient kann sich die Substanzen selbst unter die Haut spritzen, ähnlich einer Thromboseprophylaxe. Die Biologika führen oft zu einem völligen Stillstand der Entzündung in Gelenken und Wirbelsäule. Erfolg und Verträglichkeit sind sensationell.

Schmerztherapie

Antirheumatika und Analgetika wirken entzündungshemmend und schmerzstillend und sind neben einer Basistherapie ein wesentlicher Bestandteil jeder Behandlung.

Neben der oralen Einnahme von Antirheumatika zur zeitweiligen Schmerzbekämpfung hat sich gerade bei akuten Schüben die Gabe von antirheumatischen Infusionen mit hochdosiertem Vitamin-B-Komplex zur raschen Unterdrückung der Beschwerden besonders bewährt. Im akuten Stadium kommt teilweise auch Kortison in kleinen Mengen zum Einsatz. Die lokale Verabreichung von geringen Dosen direkt in die entzündeten Gelenke ist dabei besonders wirksam.

Knorpelschutzpräparate

Bei jeder Art von Arthrose sollten Knorpelaufbaumittel unbedingt zum Einsatz kommen. Sie bewirken eine Zunahme der Beweglichkeit, eine Schmerzlinderung und damit eine Verbesserung der Lebensqualität.

Bei großen Gelenken wie Knie, Hüfte, Sprunggelenke und Schulter hat sich die intraartikuläre (direkt in das Gelenk verabreichte) Injektion von Hyaluronsäure bestens bewährt. Bei richtiger Durchführung ist dies auch kaum schmerzhaft. In den letzten Jahren werden mit dieser Therapiemethode auch Daumensattel- und Großzehengrundgelenke erfolgreich behandelt.

Zwei Zyklen einer Therapieserie im Jahresabstand sind von der Wirkung auf Schmerz und Funktionsfähigkeit der Gelenke jeder anderen medikamentösen Therapie überlegen.

Für die kleinen Finger- und Zehengelenke haben sich Chondroitinsulfat, Glucosaminsulfat und der IL-1 Inhibitor Diacerein als orale Medikamente bewährt. Die Verbindung von Entzündungshemmung und Knorpelaufbau führt in vielen Fällen zu einer deutlichen Funktionsverbesserung der Gelenke mit erheblich verminderten Beschwerden.

Individueller Therapieplan

Jeder Rheumapatient braucht sein individuelles Therapieschema. Dazu gehören neben den medikamentösen Therapien auch physikalische Behandlungen wie Massagen, Heilgymnastik und die Kurmedizin. Alternativ-medizinische Heilverfahren wie Akupunktur, Homöopathie, Magnetfeldtherapie, Chiropraktik und Neuraltherapie haben sich in den letzten Jahren zunehmend etabliert und können ideal mit der Schulmedizin kombiniert werden. Und auch die richtige Ernährung hilft bei der Behandlung mit.

Rheumapatienten kann in jedem Stadium geholfen werden. Eine frühe Diagnose erhöht die Chancen auf eine sogar vollständige Heilung. Wer also mehr als drei bis vier Wochen an rheumatischen Beschwerden leidet, sollte unbedingt einen Spezialisten aufsuchen. Es lohnt sich.