Abnützung der Fingergelenke
Wenn die Fingergelenke schmerzen, denken die meisten Menschen an die Gicht. Doch nur selten ist die Gicht die wirkliche Ursache für diese Beschwerden. Gelenksabnützungen (Arthrosen) und Entzündungen der Fingergelenke im Sinne einer chronischen Polyarthritis stecken meistens hinter dem Krankheitsbild. Und diese Beschwerden entwickeln sich oft innerhalb kürzester Zeit oder kommen sogar über Nacht. Die Betroffenen klagen über ein Steifheitsgefühl in den Fingern und Händen, eine Kraftlosigkeit und Schmerzen beim Greifen und Halten von Gegenständen, alles Beschwerden, die den Alltag zur Qual werden lassen. Dazu kommt die kosmetisch unschöne Ausbildung von Knötchen im Bereich der Fingergelenke.
Ab 30 Jahren leiden die Gelenke unter Abnutzung
Arthrosen gehören zum Formenkreis des degenerativen Rheumatismus und sind daher eine typische rheumatische Erkrankung. Die Häufigkeit und Symptomatik nehmen zwar mit steigendem Lebensalter rapid zu, die ersten Verschleißerscheinungen an den Gelenken treten aber bereits in der Jugend auf, weshalb der Frühbehandlung größte Bedeutung zukommt. Das rechtzeitige Erkennen sowie die Entwicklung neuer Therapien nehmen deshalb einen zentralen Stellenwert in der Rheumatologie ein.
Bei den Händen sind in erster Linie die Fingerend- und -mittelgelenke sowie das Daumengrundgelenk betroffen, seltener die Fingergrundgelenke und die Handgelenke. Die Erkrankung tritt bevorzugt bei Frauen auf, wobei bei den über 75-jährigen ca. 50 % aller Frauen knotige Veränderungen an den Fingerendgelenken aufweisen. Männer sind jedoch auch nicht von den Abnützungen verschont und leiden oft an besonders aggressiven Formen. Die Vererbung dürfte bei der Ausbildung der Gelenkveränderungen die größte Bedeutung haben, aber auch hormonelle Ursachen, Über- und Fehlbelastungen sowie ständige kleine Traumen müssen als Ursachen mitberücksichtigt werden.
Speziell die Arthrose des Daumensattelgelenkes (=Rhizarthrose) macht große Schwierigkeiten beim Greifen. Sie tritt bei ca. 30 % der Österreicher auf.
Frühzeichen der Erkrankung
Bei der Gelenkabnutzung wird in erster Linie der Knorpel zerstört. Da Knorpelzellen keinen Schmerz wahrnehmen können, bleiben die Verschleißerscheinungen lange Zeit unbemerkt. Schmerzen treten meist erst in einem sehr fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung auf. Nämlich dann, wenn auch Gelenkskapsel und umliegende Knochenteile mitbefallen werden. Deshalb ist die Suche nach Frühzeichen der Erkrankung besonders wichtig.
Folgende Beschwerden sind typisch für eine beginnende Gelenkabnutzung:- Gelenkssteifheit: diese ist meist bei den ersten Bewegungen nach einer Ruhelage besonders ausgeprägt und kann in der Dauer von einigen Minuten bis Stunden variieren. Besonders dramatisch ist die Morgensteifheit. So ist ein kompletter Faustschluss in der Früh schlecht möglich, das Halten und Greifen von Gegenständen schmerzhaft, die Finger sind unbeweglich.
- Kraftlosigkeit in den betroffenen Gelenken, sodass Gläser und Kaffeetassen oft wieder aus der Hand fallen. Das Öffnen von Flaschen und Dosen wird zum Problem.
- Bewegungseinschränkung: auch wenn noch keine wesentlichen Schmerzen vorhanden sind, sollte eine Abnahme des Bewegungsumfanges eines Gelenkes an eine Abnützung denken lassen. Knacksen oder Reibegeräusche können erste Hinweise für eine beginnende Arthrose sein.
- „Begrüßungsschmerz“: ein kräftiger Händedruck verursacht fast immer starke Schmerzen.
- Gelenksschwellung und Druckschmerz: Das ständige Reiben der Gelenksflächen führt zu einer entzündlichen Reaktion im Gelenk mit Bildung eines Gelenksergusses. Das Gelenk ist geschwollen, oft überwärmt und erheblich druck- und berührungsempfindlich.
Und natürlich Schmerzen: zuerst nur bei Belastung und Bewegung, dann bei Wetterumschwüngen und nachts und schließlich treten Dauerschmerzen auf.
Im Spätstadium der Erkrankung kommt es dann zur Ausbildung von deutlichen Gelenkdeformierungen. Knotenbildungen an den Fingergelenken sind nicht nur kosmetisch störend sondern führen zunehmend zum Funktionsverlust der betroffenen Gelenke. Da die schmerzhaften Gelenke dann auch immer weniger bewegt werden, kommt es schlußendlich zur Versteifung. Doch das alles kann durch eine rechtzeitige Therapie verhindert werden.
Eine Therapie ist umso erfolgreicher, je früher sie beginnt!
Moderne Therapien, neue Medikamente und die Kombination diverser Behandlungen haben die Erfolgsrate bei der Arthrosebehandlung deutlich verbessert. Der frühe Einsatz aller Therapien wirkt sich dabei besonders günstig aus. Wer also drei bis vier Wochen an den vorher genannten Beschwerden leidet, sollte unverzüglich einen Spezialisten aufsuchen.
Knorpelschutzpräparate
Diese Substanzen regen das Knorpelwachstum an und verhindern damit einen weiteren Knorpelabbau. Chondroitin- und Glucosaminsulfat, Diacerein und Hyaluronsäurepräparate zählen zu diesen Medikamenten. Als orale Therapieform, also zum Schlucken, haben sich Chondroitin- und Glucosaminsulfat bestens bewährt. Für beide Substanzen gibt es sehr gute Studienergebnisse, die nachweisen, dass sie große Effekte auf Schmerz und Funktionsfähigkeit besitzen und zugleich äußerst nebenwirkungsarm sind.
Ein neues Therapiekonzept verfolgt der IL-1 Inhibitor Diacerein. Über eine Entzündungshemmung in Gelenk und Knochen wird der weitere Knorpelabbau gestoppt. Für die drei genannten Präparate gilt, dass die volle Wirkung erst nach mindestens sechs bis acht Wochen regelmäßiger Einnahme zu merken ist, dafür aber nach Absetzen des Medikamentes noch längere Zeit anhält. Als Standard wird die Einnahme jedes dieser Medikamente über drei Monate empfohlen, danach wird für drei Monate pausiert.
Die Arthrose des Daumensattelgelenks wird in den letzten Jahren sehr erfolgreich mit Hyaluronsäure behandelt. Diese künstliche Gelenksschmiere wird mit einer ganz dünnen Nadel direkt in das Gelenk appliziert, eine Methode, die bei richtiger Durchführung kaum schmerzhaft ist. Zwei Zyklen einer Therapieserie im Jahresabstand sind von der Wirkung auf Schmerz und Funktionsfähigkeit der Gelenke jeder anderen medikamentösen Therapie überlegen.
Bei aktivierten Arthrosen mit Entzündungszeichen und Ergussbildung bewähren sich Injektionen mit langwirksamen Kortikosteroiden, die allerdings auf einige Male beschränkt bleiben sollten.
Antirheumatika
Diese Medikamentengruppe wirkt entzündungshemmend und schmerzlindernd. Die in den Gelenken vorhandenen entzündlichen Phänomene können effektiv gestoppt werden. Speziell die Gabe von antirheumatischen Infusionen in Kombination mit hochdosiertem Vitamin B- und C-Komplex führt zu einer äußerst raschen Unterdrückung von Entzündung und Beschwerden. Bei Langzeiteinnahme empfiehlt sich die Kombination mit Magenschutzmitteln. Bei geringen Beschwerden können Antirheumatika auch lokal in Form von Salben oder eines Gels aufgetragen werden.
Die physikalische Therapie
Verschiedene Therapieformen wie Elektrotherapie, Kälte- und Wärmetherapie sowie Bäder stehen zur Verfügung, die aber auf jeden Fall mit Ihrem Arzt besprochen werden sollten.
Kälte- und Wärmeanwendungen können auch zu Hause leicht durchgeführt werden. Diesbezüglich sollte man sich an folgende Grundregel halten: bei akuten Entzündungen (Gelenke geschwollen, überwärmt, gerötet, stark druckschmerzhaft) darf nur Kälte verwendet werden. Kalte Topfenumschläge oder Eisbeutel können mehrmals täglich für jeweils 15 bis 20 Minuten aufgelegt werden.
Bei chronischen Beschwerden ist hingegen die Wärmeanwendung angebracht. Warme Bäder mit Heublumen oder Kräutern, Paraffin- und Moorpackungen oder Wärmelampen führen oft zu einer deutlichen Linderung der Schmerzen und Zunahme der Beweglichkeit.
Der Schutz vor Kälte bei niedrigen Temperaturen im Winter durch das Tragen von Handschuhen und das Vermeiden von Kontakt mit kaltem Wasser sind einfache aber effiziente Maßnahmen.
Magnetfeldtherapie
Über eine verbesserte Sauerstoffversorgung des Gewebes und Abtransport von Stoffwechselschlacken ergibt sich oft eine erstaunliche entzündungshemmende und schmerzlindernde Wirkung. Da auch die Gelenkskapsel besser durchblutet wird, kommt es zu einer vermehrten Produktion von Gelenksschmiere. Dies nährt einerseits den Knorpel und verhindert Reibungsphänomene. Gerade die Kombination von Knorpelaufbauinjektionen mit anschließender lokaler Magnetfeldtherapie hat sich bestens bewährt.
Gesunde Ernährung und Lebensstilveränderungen (kein Nikotin, wenig Alkohol) wirken ebenfalls positiv auf das Fortschreiten der Arthrose. Eine Verminderung des Fleisch- und Fettverzehrs sowie ein erhöhter Konsum von Gemüse, Obst, Fisch und Pflanzenölen erweisen sich generell als sehr günstig. Fischöle und diverse Vitamine (Provitamin A, Vitamin C und E) haben entzündungshemmende Eigenschaften.
Obwohl bei Arthrosen bis heute keine vollständige Heilung möglich ist, gibt es dennoch viele gute Möglichkeiten, um den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. Dabei braucht natürlich jeder Patient ein individuell maßgeschneidertes Therapieprogramm.