Die Gicht
Bei den meisten rheumatischen Erkrankungen werden die Männer verschont und wesentlich seltener als Frauen befallen. Bei der Gicht ist das anders. Die Gicht ist eine Erkrankung, die einen direkten Bezug zur Ernährung, vor allem zur Fehlernährung aufweist.
In früheren Jahrhunderten war die Gicht eine Erkrankung der Reichen und Wohlhabenden. Auf zahlreichen Gemälden erkennt man wohlbeleibte Herrscher und Kirchenfürsten mit schmerzverzerrten Gesichtern und geschwollenen Gelenken. Übermäßige kulinarische Genüsse haben diesen Herren äußerst schmerzhafte Gelenkentzündungen (akute Gichtanfälle) beschert.
Medizinisch gesehen ist die Gicht eine entzündliche Erkrankung der Gelenke und der Weichteile, die durch Ablagerung von Harnsäurekristallen im Gewebe verursacht wird. Sie ist eine typisch rheumatische Krankheit.
Männer bevorzugt
Etwa drei Prozent der Erwachsenen in Europa sind betroffen, Männer dabei dreißigmal so häufig wie Frauen. Der erste Anfall zeigt sich meist zwischen dem 30. und 45. Lebensjahr.
Bei der Entstehung der Erkrankung spielen neben Erbfaktoren vor allem die Ernährungsgewohnheiten die größte Rolle. Essen wir eiweißreiche Lebensmittel wie Fleisch, Wurst, Fisch oder Hülsenfrüchte, werden diese in unserem Körper verarbeitet. Als eines der Endprodukte dieser Verarbeitung entsteht Harnsäure, die dann durch die Nieren ausgeschieden wird. Essen wir zuviel Fleisch, kommt die Niere mit der Ausscheidung nicht mehr nach. Die überschüssige Harnsäure lagert sich in Form von Kristallen in den Gelenken ab und löst eine starke Entzündung aus.
Der akute Gichtanfall
Die direkte Folge der Ablagerung von Harnsäurekristallen in den Gelenken ist der akute Gichtanfall. Meist aus völliger Gesundheit heraus entsteht eine hoch schmerzhafte Gelenkschwellung, häufig nachts oder in den frühen Morgenstunden. Die Gelenke sind dabei stark geschwollen, extrem schmerzhaft, gerötet, heiß und oft so berührungsempfindlich, dass nicht einmal die Bettdecke oder eine feine Berührung toleriert werden.
Am häufigsten ist das Großzehengrundgelenk betroffen, in abnehmender Häufigkeit die anderen Fußgelenke, Kniegelenk, Sprunggelenk, aber auch die kleinen Fingergelenke. Die Gicht führt auch zu einer Entzündung in den Weichteilen wie Sehnenscheiden und Schleimbeuteln. Ein akuter Gichtanfall dauert von wenigen Tagen bis zu einigen Wochen. Je häufiger Gichtanfälle auftreten, desto länger und intensiver werden sie.
Gicht kann chronisch werden
Wer einen schmerzhaften Gichtanfall erlebt hat, wird sich keinen zweiten wünschen. Doch gerade das tritt in den meisten Fällen ein, wenn man nicht rechtzeitig etwas dagegen tut. Mit jedem Entzündungsschub werden die Gelenke zunehmend zerstört und abgenützt. Sie verformen sich und können dann nicht mehr richtig bewegt werden. Sah man früher oft das Endstadium der Gicht mit knotig entstellten Finger- und Zehengelenken, ist das dank guter Behandlungsmöglichkeiten heute selten geworden. Die chronische Gicht führt auch zur Entstehung von Gichtknoten in Sehnen, Schleimbeuteln oder Ohrknorpel und Nieren. Daneben kommt es auch zu Nierenveränderungen bis hin zur Schrumpfniere und vermehrter Nierensteinbildung.
Erhöhte Harnsäurewerte
Die regelmäßige Bestimmung der Harnsäure im Blut ist ein wichtiger Test, um Risikopatienten rechtzeitig zu erkennen und eine Therapie zu beginnen. Im Normalfall findet man bei Frauen in 100 ml Blut bis zu 5,5 mg und bei Männern bis 6 mg Harnsäure. Die Harnsäurespiegel steigen an, wenn die Ausscheidung durch die Nieren gestört ist oder durch starken Eiweißabbau im Körper vermehrt Harnsäure anfällt. Eiweißreiche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte, Sojabohnen, Innereien, Fleisch und Fisch erhöhen die Harnsäure. Vermehrter Alkoholgenuß, eine Einschränkung der Flüssigkeitszufuhr oder strenges Fasten und Stress sind weitere Gichtauslöser.
Therapie
Bei der Behandlung muß man zwischen der Therapie des akuten Gichtanfalls und einer Präventivtherapie zur Vermeidung neuer Gichtanfälle unterscheiden. Der hochschmerzhafte akute Gichtanfall benötigt hochdosiert Schmerzmittel und Medikamente gegen die Entzündung (Antirheumatika). Entzündungshemmende Mischinfusionen mit hochdosiertem Vitamin-B- und C-Komplex haben sich besonders bewährt. Auch Injektionen in die betroffenen Gelenke mit einer kleinen Kortisonmenge führen zu einem raschen Rückgang der Schmerzen. Zusätzlich sind eine lokale Kältetherapie und kurzdauernde Bettruhe hilfreich.
Noch wichtiger sind aber eine dauerhafte Senkung erhöhter Harnsäurespiegel und das Vermeiden neuer Gichtanfälle. Grundlage jeder Gichttherapie sind dabei diätetische Maßnahmen. Erst wenn durch eine entsprechende Ernährung die Harnsäure nicht gesenkt werden kann, kommen Medikamente zum Einsatz. Dabei handelt es sich um Substanzen, die die Bildung von Harnsäure im Körper künstlich hemmen. Die Einnahme von Medikamenten muss jedoch vorab mit Ihrem Arzt besprochen werden.
Die Diät im Überblick
Fleisch und Wurst sind gefährlich
- Auf Innereien (Hirn, Leber, Lunge, etc.) verzichten
- Fleisch und Wurst nicht mehr als zwei bis drei Mal pro Woche
- Bei Geflügel und Fisch vor der Zubereitung die Haut entfernen
- Fisch, Fischkonserven und Meeresfrüchte liefern viel Harnsäure
- Eier sind unbedenklich
Milch und Milchprodukte
Milch, Buttermilch, Joghurt und Käse liefern kaum Harnsäure und sollten zur Deckung des Eiweißbedarfes herangezogen werden
Gemüse und Obst
- Hülsenfrüchte wie Bohnen, Erbsen und Linsen bilden große Harnsäuremengen, ebenso Soja und Sojaprodukte wie Tofu oder Sojafleisch
- Bei folgenden Gemüsesorten sollten Sie aufpassen: Artischocken, Broccoli, Schwarzwurzel, Lauch, Spinat, Rotkraut, Mais und Kohlsprossen
Getreide, Getreideprodukte und Kartoffeln
Knäckebrot, Salzstangerl, Weiß- und Mischbrot in größeren Mengen erhöhen die Harnsäurespiegel
Süße Lebensmittel
Fruchtzucker in Obst und Haushaltszucker in Süßspeisen können die Harnsäure akut erhöhen. Süssigkeiten mit Maß!
Alkohol meiden
Alkoholzufuhr führt zu einem raschen Harnsäureanstieg, besonders Bier. Wichtig ist eine Flüssigkeitszufuhr (Wasser, Tee, Fruchtsäfte) von mindestens zwei Litern gleichmäßig über den Tag verteilt.
Übergewicht abbauen
Übergewicht und Gicht sind häufig miteinander verbunden. Bei Gewichtsreduktion stellt sich eine niedrigere Harnsäurekonzentration im Blut ein.